Ab ins Beet! Erfahre, wie du durch Gärtnern Kraft, Ausdauer und Beweglichkeit steigerst und deine geistige Gesundheit unterstützt
Verspürst du in letzter Zeit vermehrt das Verlangen, in der Natur zu sein? Möchtest du dich an der frischen Luft auspowern und anstatt vor dem Laptop zu sitzen, lieber mit deinen Händen dein eigenes kleines Reich erschaffen?
Städte sind oft unwirtliche Orte, durch den Mangel an Grünflächen überhitzen sie im Sommer auch stärker. Da ist es kein Wunder, dass Kleingärten und Gartenarbeit beliebter sind denn je. Unsere Expert:innen erklären zudem, wie das Graben in der Erde oder das Rasenmähen deiner körperlichen und geistigen Gesundheit zugutekommen.
Dein Garten kann wahlweise dein eigenes kleines Gym oder Yoga-Studio sein, das dir ein Fitness-Programm oder ein Kardio-Workout bietet – je nachdem, was du darin machst. "Bei der Gartenarbeit trainiert man verschiedene Aspekte der Fitness: Kraft, Ausdauer, Beweglichkeit und Koordination", erklärt der Sportwissenschaftler Prof. Dr. Ingo Froböse. Wie das geht, erklärt er hier:
Bei all diesen positiven Effekten ist es ja kein Wunder, dass du dich in deinem Körper wohler fühlst: Eine an der Anglia Ruskin University durchgeführten, in der Zeitschrift Ecopsychology veröffentlichte Studie zeigt, dass Gärtnern die Körperwahrnehmung positiv beeinflusst.
In der Studie wurden Fragebögen 84 Gärtner und 81 Nicht-Gärtner ausgewertet. Studienleiter Viren Swami konnte anhand der Daten nachweisen, dass gärtnernde Menschen eine signifikant höhere Wertschätzung der Funktionalität ihres Körpers haben. Vor allem bei Schrebergärtner*innen sei dies zu verzeichnen.
Beim Heben, Graben, Bücken im Garten brauchst du eine starke Rumpfmuskulatur, sonst drohen schnell Rückenschmerzen. Mit diesen Übungen bringst du deinen Rücken in Topform:
Beim Gärtnern kannst du ganz schön ins Schwitzen kommen. Wie sehr kommt natürlich darauf an, was für eine Art Garten du hast und welche Hilfsmittel du benutzt. "Je intensiver sich die Bewegung anfühlt und je mehr Muskelgruppen dabei angesprochen werden, desto höher ist der Kalorienverbrauch", erklärt der Sportmediziner.
Willst du also ein paar Kilos verlieren, verzichte auf elektrische Hilfsmittel und erledige die Arbeit lieber mit einer traditionellen Sense, Heckenschere oder einem Handrasenmäher. Hier sind einige typische Aufgaben und wie viele Kalorien eine durchschnittliche Frau pro Stunde verbrennt:
Sich auspowern und dabei die Muskeln straffen, das allein hebt ja schon einmal die Laune. Aber Gartenarbeit tut noch mehr für deine Psyche: "Die positive Wirkung von Zeit im Grünen ist schon seit der Antike bekannt", beschreibt Gartentherapeutin Marina Cerea.
Im Garten tust du nämlich nicht nur deinem Körper, sondern auch deiner Seele etwas Gutes, und zwar aus diesen 3 Gründen:
Klar, auch mit Excel-Tabellen und Präsentationen im Job "erschaffst" du etwas. Aber mit den Händen zu arbeiten, sofort oder manchmal auch erst im nächsten Herbst ein Ergebnis zu sehen und die wortwörtlichen Früchte deiner Anstrengung zu genießen, hat eine ganz besondere Qualität. Im Garten hast du die Kontrolle, siehst, fühlst oder riechst die Folgen deiner Arbeit, bist kreativ und produktiv. "In verschiedenen Studien konnte die Wirkung einer Gartentherapie unter anderem in der Arbeit mit Menschen mit Suchtkrankheit oder depressiven Verstimmungen oder Kindern mit Verhaltensauffälligkeiten helfen", erklärt Cerea.
"Das Besondere am Garten ist, dass er sich nicht mit Erwartungen aufdrängt und man in der Gestaltung so frei ist", erklärt Gartentherapeut Patrick Urban vom Institut für Gartentherapie Berlin. Eine wunderbare Gelegenheit, um an konkreten Beispielen über dich zu reflektieren: Bist du eher pragmatisch veranlagt? Dann wirst du an Nutzpflanzen wie Kräutern und Gemüse deine Freude haben. Wenn du gern beobachtest und ein Auge fürs Ästhetische hast, kannst du dir ein Blumenbeet anlegen. Lässt du Dingen gern ihren Lauf in einem verwunschenen Garten oder magst du es ordentlich, mit einem sauber geschnittenen Rasen? Oder du probierst mal das Gegenteil zu deinen Gewohnheiten: "Man kann auch neue Seiten an sich entdecken und zum Beispiel als eher chaotischer Mensch einen minimalistischen Steingarten anlegen", so Urban.
Die aktuellen Nachrichten bereiten dir Sorgen? Oder hattest du einen Streit mit deinem Partner? Im Garten findest du eine Möglichkeit, dich von alltäglichem Frust zu befreien: Du kannst entweder mit dieser aufgestauten Energie und einem Spaten ins Beet stürzen und den Stress aus deinem Körper graben. Oder du erntest ein paar Kräuter, schnupperst an einer Blume oder gießt deine Tomaten und erkennst, dass es wichtigere Dinge in der Welt gibt. "Anstrengende Tätigkeiten sind wunderbar geeignet, angestaute Emotionen zu entladen. Sich auf filigranere Aufgaben oder Sinneseindrücke zu konzentrieren, bringt Ruhe in die Gedanken und schafft Distanz zu Ereignissen des Alltags", erklärt der Gartentherapeut.
Dieser Effekt hat übrigens eine biologische Erklärung: "Bei psychischem Stress werden bestimmte Hormone ausgeschüttet, die uns auf Dauer krank machen. Wenn wir uns bewegen, kommen andere Hormone ins System, die die Stresshormone ausgleichen und abbauen", erklärt Sportwissenschaftler Froböse. Nicht zuletzt schläfst du auch viel besser nach einer guten Portion frischer Luft, körperlicher Aktivität und dem Gefühl, etwas geschafft zu haben.
Gärtnern reduziert Stress übrigens sogar stärker als lesen, so das Ergebnis einer niederländischen Studie, bei der das Level des Stresshormons Kortisol bei Probanden nach einer Stresssituation und nach einer darauf folgenden 30 -minütigen Gartenarbeit bzw. 30-minütigen Lektüre untersucht wurde.
In urbanen Gebieten sind die verfügbaren Grünflächen begrenzt. Das heißt jedoch nicht, dass du auf deinen grünen Daumen verzichten musst. Schnapp dir einfach einen Blumenkasten und tauche deine Hände in einen Sack Blumenerde. Für den Balkon kannst du Mini-Hochbeete nutzen wie zum Beispiel das von Outsunny. Auch toll: Sogenanntes Säulenobst, also platzsparende Obstpflanzen in Töpfen. "Die positive Wirkung von Grün kann schon mit einer bepflanzten Kiste oder einem Topf auf dem Fensterbrett erlebt werden", betont Cerea.
Falls dir das zu wenig ist, könntest du nach "Urban Gardening"-Initiativen in deiner Stadt suchen. Dabei kümmern sich Gemeinschaften um Grünflächen und ernten gemeinsam, wodurch auch im sozialen Sinne etwas Neues wächst. Falls es in deiner Stadt kein Urban Gardening gibt, könntest du es mit "Guerilla Gardening" versuchen. Dabei werden Blumenzwiebeln in kleine Straßenecken und Grünstreifen gepflanzt, kleine Steingärten angelegt oder sogar Kräuterbüschel eingesetzt.
Eine große an der Princeton University durchgeführte Studie belegt übrigens, dass der Gesundheitseffekt beim Urban Gardening größer ist, wenn man Gemüse anbaut statt Blumen pflanzt. Ob man dagegen allein im Beet arbeitet oder in Gesellschaft, hatte dagegen keine Auswirkungen auf den Benefit der Gartenarbeit.
Fühlst du bereits die Vorfreude, dich mit Samenmischungen einzudecken und die Schaufel zu schwingen? Super! Doch bevor du loslegst, empfehlen wir, die Tipps unserer Expert:innen durchzulesen:
Immer mehr Menschen suchen Zuflucht im Grünen, um der Hitze und Hektik der Stadt zu entkommen. Kleingärten und Gartenarbeit gewinnen dabei an Beliebtheit – und das aus gutem Grund. Sie bieten nicht nur geistige Entspannung und Stressabbau, sondern verbessern auch Kraft, Ausdauer und Beweglichkeit. Selbst in der Stadt können Urban Gardening und kleine Balkon-Gärten wahre Wunder bewirken!
Viren Swami. Body Image Benefits of Allotment Gardening. Ecopsychology. Volume: 12 Issue 1, Mar 2020.19-23. doi: http://doi.org/10.1089/eco.2019.0032, zuletzt abgerufen am 24.06.2024
Van Den Berg AE, Custers MH. Gardening promotes neuroendocrine and affective restoration from stress. J Health Psychol. 2011 Jan;16(1):3-11. doi: 10.1177/1359105310365577, zuletzt abgerufen am 24.06.2024
Graham Ambrose et al. Is gardening associated with greater happiness of urban residents? A multi-activity, dynamic assessment in the Twin-Cities region, USA. Landscape and Urban Planning,, Volume 198, 2020. doi: https://doi.org/10.1016/j.landurbplan.2020.103776, zuletzt abgerufen am 24.06.2024
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