WARUM VERLIEBEN WIR UNS HäUFIG IN PERSONEN, DIE WIR GAR NICHT KENNEN? DAS PHäNOMEN DELUSIONSHIP ERKLäRT

Beziehungen mit Personen führen, obwohl man sie gar nicht kennt? Ja, das geht. Und passiert sogar ziemlich häufig. Wir alle malen uns bestimmte Szenarien mit Menschen aus, die uns im Alltag begegnen. Obwohl wir den Charakter der Person dafür noch nicht einmal kennen müssen. Diese Wissenslücke wird dann einfach durch das eigene Wunschdenken ersetzt. Dieses nicht ganz unproblematische, aber weitverbreitete Phänomen nennt man Delusionship und wird gerade überall in den sozialen Medien diskutiert. Was steckt dahinter?

Delusionships sind Beziehungen, die im Kopf passieren

Der Begriff Delusionship setzt sich zusammen aus den Wörtern "Delusion" (deutsch: Wahnvorstellung) und "Relationship", einer zwischenmenschlichen Beziehung. Im Fall einer Delusionship beruht sie alleine auf der Vorstellungskraft einer Person, ohne Anspruch, der Realität zu entsprechen. Dabei malt sich eine Person eine bestimmte Art von Beziehung mit einer anderen Person aus, ohne dass die davon weiß. Die Beziehung findet nämlich nur im Kopf einer Person statt, hat also nichts mit einem echten Verhältnis zu tun. Ihr Motor ist die eigene Fantasie und kann wie eine Art Tagtraum verstanden werden, bei der man sich in die Idee von einer Person verliebt. Das klingt jetzt erst mal dramatischer, als es ist. Tatsächlich stellen sich viele Menschen eine Beziehung zu anderen Personen vor, die sie noch nicht mal kennen oder gerade erst kennengelernt haben. Auf TikTok erfreut sich der Hashtag #Delusionships großer Beliebtheit. 

Klassische Szenarien einer Delusionship

Delusionships kommen häufiger vor als man denkt – oder man sich selbst eingestehen will. Wie oft haben wir uns selbst schon Beziehungen mit anderen Personen ausgemalt, die rein auf unserem Wunschdenken beruhen? Das kann von Dating-Partner*innen, die wir eben erst kennengelernt haben und uns schon die gemeinsame Zukunft vorstellen, bis hin zu Personen reichen, die wir jeden Morgen in der Bahn sehen und glauben, sie zu kennen. Die heiße Affäre mit dem Arbeitskollegen, das Date mit der netten Dame aus dem Fitnessstudio oder die Beziehung zu einem prominenten Menschen – in unserer Fantasie ist alles möglich. Mit der Realität haben Delusionships häufig wenig zu tun, auch wenn wir es noch so gerne glauben würden. 

Delusionships befriedigen unser Wunschdenken

Das Gedankenkonstrukt von Delusionships gibt es schon seit Anbeginn der Menschheit. Dank TikTok tragen die imaginären Beziehungsvorstellungen jetzt auch einen Namen. Mit Delusionships versuchen wir, dem Alltag zu entfliehen und uns von unseren Problemen abzulenken. Der Drang, zumindest für einen kurzen Moment alles hinter sich zu lassen, ist ein völlig normales und legitimes menschliches Bedürfnis. Wir alle sehnen uns nach Liebe und Bestätigung, die wir uns zur Not auch über unsere Gedankenkraft holen. Manchmal will man sich einfach der eigenen Fantasie hingeben und von einer besseren Welt träumen. Solange man dieses Wunschdenken von der Realität abstrahieren kann und keine unrealistische Erwartungshaltung aufbaut, sind Delusionships unbedenklich.

Delusionships sind nicht ganz unproblematisch

Solange man Delusionships als solche erkennt und sich nicht in imaginären Beziehungen reinsteigert, sind Sie im grünen Bereich. Wir alle träumen uns manchmal gerne an einen anderen Ort, passiert den Besten. Das spricht ja auch für eine blühende Fantasie. Man muss nur den Unterschied zwischen Wunschvorstellung und Wirklichkeit kennen. Kommt man nämlich an den Punkt, an dem die Idee der perfekten Beziehung einen im echten Leben runterzieht oder man ganz den Bezug zur Realität verliert, ist Vorsicht geboten. Delusionships sollten weder die mentale Gesundheit noch Beziehungen bedrohen, die man im echten Leben führt. Zwar kann man durch Delusionships viel über sich selbst lernen, zum Beispiel was man sich von anderen Menschen wünscht oder wie es um die eigenen Ansprüche bestellt ist. Die Partner*innen im realen Leben werden dem Idealbild allerdings nie zu 100 Prozent entsprechen können. Dessen muss man sich bewusst sein. Eine übertriebene Erwartungshaltung kann zu vielen Problemen führen. 

Der beste Umgang mit Delusionships

Der Mensch ist nicht dafür gemacht, immer und überall rational zu denken. Manchmal steigern wir uns auch in irrationale, durch Emotionen getriebene Gedanken rein. Das ist ein völlig normaler Prozess, um dem Alltag zu entfliehen und Probleme, die man vielleicht sonst im Dating-Leben hat, für einen Moment zu vergessen. Delusionships sind das Ergebnis dieses Wunschdenkens, das jede*r von uns zu einem gewissen Zeitpunkt anstrebt. Völlig okay und normal, da muss man sich keine Sorgen machen. So tickt der Mensch eben. Schließlich sind wir sowieso nicht immer in der Lage, unsere Gedanken zu steuern. Bis zu einem gewissen Grad sollte man den eigenen Delusionships also mit Akzeptanz begegnen. Sie analysieren, ja auch ein bisschen genießen. Gleichzeitig ist es immer wichtig, sich selbst zu reflektieren und klar zu machen, dass Delusionships eben nur ein Gedankenkonstrukt sind und nicht der Realität entsprechen. Dass man sich in eine Idee verliebt, die von einem selbst stammt und nichts mit der anderen, vielleicht sogar fremden Person zutun hat. Das vergisst man dabei nämlich häufig. Bei Delusionships geht es um persönliche Fantasien, keine Tatsachen. 

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