ERNäHRUNGSMYTHEN AUFGEDECKT: WARUM GLUTAMAT BESSER IST ALS SEIN RUF UND WIR KEINE SUPERFOODS BRAUCHEN

Lustig war‘s mit Molekularbiologen Fritz Treiber (Uni Graz) auf der Bühne des Podcast-Festivals der Kleinen Zeitung in Graz: Mit viel Humor entzauberte der Wissenschaftler Ernährungsmythen zu Superfoods, Geschmacksverstärkern und Entschlacken. „Schlacken gibt es nicht“, stellte er zum Beispiel klar – „außer im Hochofen.“ Er erklärte außerdem, wie eine Beere zum Superfood gemacht wird und warum er nie Cola trinken würde.

Mythos: Glutamat macht krank.

Glutamat ist ein Geschmacksverstärker, der Speisen zugesetzt wird, die selbst nicht sehr intensiv schmecken. Der Mythos, dass Glutamat zu körperlichen Beschwerden führt, geht zurück auf die 1960er-Jahre: Nach dem Besuch in einem China-Restaurant in den USA klagten mehrere Gäste über Symptome wie geblähter Hals, roter Kopf, Kopf- und Bauchschmerzen. Das berichteten sie ihrem Hausarzt und dieser schloss, dass die Beschwerden mit dem Konsum von Glutamat zusammenhängen müssen. So war das China-Restaurant-Syndrom geboren. „Die Wissenschaft hat sich das angeschaut und es hat sich gezeigt: Das Glutamat ist unschuldig“, sagt Fritz Treiber. Viel wahrscheinlicher steckt hinter den Beschwerden, die Menschen beschreiben, eine Histamin-Intoleranz: „Denn in der asiatischen Küche werden viele fermentierte Speisen gegessen, die bei einer Histamin-Intoleranz solche Beschwerden auslösen können“, sagt Treiber. Dennoch sollte man Produkte, denen Glutamat zugesetzt wurde, selten essen, da es sich dabei meist um hochverarbeitete Lebensmittel handelt – „und die bringen noch viele andere Stoffe mit, die nicht gesund sind“, sagt Treiber.

Mythos: Der Körper ist voller gefährlicher Schlacken.

„Wenn man was verkaufen will, dann braucht man eine schöne Geschichte“, sagt Treiber – und genau das sei der Mythos rund ums Entschlacken. „Ich muss gleich enttäuschen, Schlacken gibt es nicht“, sagt Treiber, zumindest nicht in unserem Körper. Das Geschäft mit den Entschlackungskuren trieb sogar ungesunde Blüten, denn: Eine Zeit lang war es hip, Aktivkohle einzusetzen – ein Stoff, der nur für den medizinischen Gebrauch gedacht ist. „Aktivkohle bindet alles und führt es ab, auch jene Nährstoffe, die wichtig und gesund für uns sind, wie Vitamine“, sagt Treiber. Schlacken im Körper, Sanierung im Darm: „Auch rund um die Darmsanierung werden Bilder erzeugt, ähnlich der Sanierung eines alten Hauses, das ein neues Dach und eine neue Küche bekommt. Aber im Darm funktioniert das nicht“, stellt Treiber klar. Warum? Weil sich die Darmschleimhaut ohnehin alle paar Tage neu aufbaut! „Da brauche ich nix sanieren!“, sagt Treiber.

Mythos: Exotische Superfoods sind extrem gesund.

Wie wird eine Frucht zum gehypten Superfood? Fritz Treiber erklärt: „Dazu fährt man in ein Land, am besten in Südamerika oder Südostasien, geht in ein Dorf und schaut: Was gibt es am Markt?“ Die wichtigste Frage sei: Ist die Frucht kultivierbar? Lautet die Antwort ja, werden die Inhaltsstoffe im Labor untersucht und der Anbau beginnt. „Über Influencer und Promis wird das Superfood dann beworben, und auf einmal ist das neue Superfood überall“, sagt Treiber. So geschehen mit Chiasamen, die aus Lateinamerika stammen, der chinesischen Goji-Beere oder der Acai-Beere aus dem Amazonasgebiet. „Statt Chiasamen können wir auch Leinsamen verwenden, klingt halt nicht so sexy“, sagt Treiber. Hagebutten liefern genauso viel Vitamin C wie Acai-Beeren und müssen nicht um die halbe Welt transportiert werden. Und am Beispiel der Goji-Beere sieht man, dass exotische Superfoods mit giftigen Pestiziden belastet sein können.

Was Fritz Treiber nie essen würde

Zum Abschluss verriet Fritz Treiber noch, welchen Ernährungsregeln er folgt und was er nie zu sich nehmen würde. „Ab und zu Fasten schadet auf keinen Fall. Intervallfasten lässt sich ganz einfach in den Alltag integrieren, von drei Mahlzeiten pro Tag lasse ich einfach eine weg“, sagt Treiber. Und: selbst kochen! „Wie viele Menschen verbringen jeden Tag Stunden auf Social Media und schauen sich Katzen an, die Flöte spielen? Da kann man doch auch ein bisschen Zeit aufwenden und selber kochen“, sagt Treiber. Was er vermeidet: hochverarbeitete Lebensmitteln, bei denen nicht mehr klar ist, was eigentlich drin steckt. „Studien zeigen nämlich, dass diese Lebensmittel so aufgebaut sind, dass sie vom Körper besonders gut aufgenommen werden und man dadurch besonders viel zunimmt“, sagt Treiber. Niemals trinken würde er Cola, denn: „Der menschliche Körper hat während seiner Evolution nie gelernt, so viel Zucker auf einmal zu verarbeiten.“

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