WIE ES KAM, DASS KARL LAGERFELDS KOSTüME NUN IN DER VOLKSOPER TANZEN

Sie sei, sagt Catherine Voeffray, sehr zuversichtlich. „Die Kostüme sehen wirklich gut aus.“ Gäbe es da nicht diesen einen kleinen Unsicherheitsfaktor: Die Tänzerinnen haben die fertigen Kostüme noch nicht gesehen.

Als die „Presse“ die Schweizer Kostümbildnerin traf, haben die Kostümproben noch nicht stattgefunden. „Was heute nicht mehr so aktuell ist, und die Tänzerinnen mögen das nicht besonders: Sie tragen alle weiße, wirklich knallweiße Strumpfhosen.“ Dazu die wirklich sehr kurzen Tutus, „und drunter haben sie ein schwarzes Unterhöschen, das man natürlich sieht. Da kann es sein, dass man mit den Längen vielleicht noch ein bisschen spielen muss.“

Dabei sind es gerade auch jene Tutus mit ihrem dichten, teils plissierten Tüll, die für Voeffray den Reiz der Kostüme ausmachen. „Hier könnte man fast eine Tasse darauf abstellen“, sagt sie. „Dadurch bekommen sie etwas Keckes.“ Dazu die elegante, stringente Linienführung, die schwarz-weißen, geometrischen Figuren: „Ich glaube“, sagt Voeffray, „ich hätte auch, wenn ich nicht gewusst hätte, dass die Kostüme von ihm sind, vielleicht gewusst, dass sie von ihm sind.“

Er, das ist Karl Lagerfeld. Schon in den Siebzigern hat der Modeschöpfer als Kostümdesigner für Ballett, Theater und Film gearbeitet, und das auch später immer wieder getan. 1986 etwa, als Uwe Scholz für Les Ballets de Monte-Carlo mit „Jeunehomme“ eine Choreografie zu Mozarts Klavierkonzert Nr. 9 Es-Dur KV 271 entwarf. Erst ein Jahr zuvor, 1985, hatte Caroline von Monaco das Ballett gegründet. Bis zuletzt war sie mit dem 2019 verstorbenen Modeschöpfer befreundet. Regelmäßig sah man ihn und Jean-Christophe Maillot, den monegassischen Ballett-Chef, auf dem Rosenball oder bei der Verleihung der Nijinsky Awards, jener Tanz-Oscars, die im Rahmen des von Caroline gegründeten Monaco Dance Forum verliehen werden.

Auf Spurensuche in Monaco

Erstmals seit der Uraufführung von „Jeunehomme“ wird nun das komplette Kostüm- und Bühnenbild Karl Lagerfelds ab 8. Mai in der Wiener Volksoper wieder zu sehen sein. Mit Einverständnis und Wohlwollen Carolines, die sowohl die Kostüme als auch die Rechte daran besitzt. Getanzt wird freilich in Rekonstruktionen, für die sich Catherine Voeffray auf die Spuren der Originale gemacht hat.

Schon seit vielen Jahren arbeitet die Schweizer Kostümbildnerin, selbst ehemalige Tänzerin und Krankenschwester, die mit 30 als Quereinsteigerin ins Metier kam, immer wieder mit dem (scheidenden) Wiener Ballettdirektor und gebürtigen Schweizer Martin Schläpfer zusammen. Auch Kostüme von Rei Kawakubo, der Designerin hinter Comme des Garçons, hat sie schon in seinem Auftrag rekonstruiert. Nach Kawakubos Entwürfen mit ihren für Comme des Garçons typischen Ausbuchtungen und Wülsten muten Lagerfeld Entwürfe geradezu leicht nachvollziehbar an.

Bei der Arbeit, erzählt Voeffray, halfen ihr zunächst die dicht beschriebenen Originalskizzen Lagerfelds. „Französisch ist meine Muttersprache, deshalb konnte ich das alles entziffern.“ Mit der zuständigen Gewandmeisterin, die die Kostüme später zugeschnitten hat, reiste sie dann nach Monaco. Empfangen wurde man vom Leiter der Kostümabteilung, der einst schon als Schneider beim Entstehen der Originale dabei war. „Er hat gesagt, und das höre ich immer wieder, dass es sehr angenehm war, mit Lagerfeld zusammenzuarbeiten.“ Er habe keine „grosse tête“ gehabt, sei also auf gut Wienerisch keineswegs großkopfert gewesen.

In Monaco habe man sich die Kostüme anschauen, sie ausmessen und fotografieren dürfen. „Schlussendlich sind wir mit zwei Kostümen im Koffer wieder nach Wien gefahren.“ Dort wurden anhand der gezeichneten Figurinen, Anmerkungen, Fotos und genommenen Maße in den Werkstätten von Art for Art Kopien geschneidert, „von da an war ich eigentlich nur noch das prüfende Auge“. Eines, das wie erwähnt durchaus zufrieden ist. „Ich muss sagen: Bei uns sieht es eigentlich noch fast besser aus.“

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