VON DER FEUCHT­KUGEL­TEMPERATUR WERDEN WIR NOCH HöREN

Sie kennen das: Minus 5 Grad fühlt sich nicht immer gleich an. Und plus 35 Grad auch nicht. Jörg Kachelmann erklärt, wie man dieses Phänomen messen kann.

Wenn Sie noch ein altes, analoges Thermometer haben, in dem eine Flüssigkeit je nach Temperatur steigt oder fällt, dann sind Sie bereit für ein Feuchtkugelthermometer. Früher war das einmal das übliche Verfahren, um die relative Luftfeuchtigkeit genau zu bestimmen.

Man hatte auf Wetterstationen ein sogenanntes Psychrometer. Das bestand aus einem ganz normalen Thermometer und zusätzlich aus einem genau gleich aussehenden mit einem feuchten Söckli unten um die Kugel.

Dieses Thermometerpaar schleuderte man dann um eine Achse, um Luftzug zu erzeugen. Und je nach Luftfeuchtigkeit wurde die Anzeige auf dem Thermometer durch die Verdunstungskälte viel tiefer. Je trockener die Luft, desto mehr Verdunstung, desto grösser der Unterschied zwischen dem Thermometer ohne und dem mit dem feuchten Söckli. Mit einer Tabelle kann man über den Temperaturunterschied genau ablesen, wie die relative Luftfeuchtigkeit ist. Sie finden das im Internet unter «Psychrometertabelle».

Kunstschnee auch bei 7 Grad möglich

Mit Haarhygrometern und elektronischen Methoden zur Feuchtigkeitsbestimmung wurde es eine Weile wieder stiller um die feuchte Kugel. Von dieser werden Sie aber bald noch mehr hören. Schon heute ist die Feuchtkugeltemperatur die entscheidende Grösse, wenn es darum geht, die Frostgefahr im Obst- und Weinbau einzuschätzen, oder darum, zu wissen, ob man eine Piste künstlich beschneien kann oder nicht: Wenn die Luft ganz trocken ist, kann es auch 7 Grad warm sein, und das mit dem Kunstschnee funktioniert wunderbar, während minus 1 Grad im Nebel zu warm wäre.

Dass Sie in Zukunft noch viel mehr von der Feuchtkugeltemperatur hören werden, liegt am Klimawandel. Wenn es immer heisser wird, ist nicht die Temperatur entscheidend dafür, ob Menschen draussen noch überleben können, sondern die Feuchtkugeltemperatur.

Ab welcher Temparatur es gefährlich wird

Ab einer Feuchtkugeltemperatur von 35 Grad kann der menschliche Körper sich nicht mehr kühlen, und es wird lebensgefährlich. Gerade jetzt kommen wir in Indien, in Westbengalen, dieser Grenze mit Werten bis zu 34 Grad schon sehr nahe. Wenn es noch wärmer oder durch erhöhte Meerestemperatur noch feuchter wird, wird man dort nicht mehr längere Zeit draussen bleiben können.

Wenn Sie dieses Wochenende keine grossen Pläne, ein Thermometer alter Schule sowie ein kleines Stück Stoff haben, dann können Sie sich stundenlang mit dem Feuchtkugelthermometer beschäftigen. Wenn das trockene und das Söckli-Thermometer dieselbe Temperatur anzeigen, gibt es keine Verdunstung, also beträgt die Luftfeuchtigkeit 100 Prozent.

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